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6G vs 5G – das bringt der neue Mobilfunk-Standard

Der 5G-Ausbau in Deutschland schreitet rapide voran. Doch bevor die Abdeckung 100 % erreicht hat, tüfteln Forscher bereits am Nachfolger: 6G. Dieser Mobilfunk-Standard verspricht noch schnellere und stabilere Verbindungen. Bis zu 1.000 Gbit pro Sekunde sollen das Mobilfunknetz von Morgen antreiben – und ungeahnte Möglichkeiten bieten. Doch wofür brauchen wir 6G überhaupt? Welche Hürden stehen dem Ausbau im Weg und wann wird das erste 6G-Netz verfügbar sein? Wir zeigen es Dir in unserer Übersicht.

Was ist 6G?

Das Kürzel „6G“ bezeichnet die 6. Generation des Mobilfunks. Diese knüpft an Vorgänger an, die schon seit Jahrzehnten verfügbar sind. Dazu ein kurzer Rückblick:

  • Die ersten Telefone funktionierten noch analog. Man spricht auch von „0G“.
  • Unter den Standard 1G fallen die ersten Handys der 1980er und 90er-Jahre.
  • Im Nachfolger-Netz 2G konnten Handys nicht nur telefonieren, sondern auch Text und Bilder (MMS) versenden. Die Datenmenge war jedoch stark begrenzt.
  • Alles änderte sich mit 3G. Dieser Standard lieferte 50-mal mehr Geschwindigkeit als 2G – genug, um unterwegs im Internet zu surfen.
  • 4G – hierzulande als LTE bekannt – setzte noch einen drauf. Nun konnten Nutzer auf dem Smartphone Videos streamen und Multiplayer-Games spielen.
  • Die aktuelle Generation 5G ist bis zu 100-mal schneller als 4G. Selbst große Datenmengen lassen sich nahezu in Echtzeit übertragen.

Wie Du siehst, bietet jede Mobilfunk-Generation mehr Geschwindigkeit als ihr Vorgänger. Das trifft auch auf 6G zu.

Ein Bild auf dem Groß 6G abgebildet ist.

Wie schnell ist 6G?

Experten sprechen von bis zu 1 Terabit, also 1.000 Gbit pro Sekunde. Zum Vergleich: 5G bringt es auf maximal 20 Gbit/s. Wer jetzt noch nicht beeindruckt ist, sollte ein Gedanken-Experiment wagen. Stell Dir 100 Stunden Netflix in HD vor. Mit 6G genügt eine Sekunde, um diese Datenmenge herunterzuladen!

Doch wie wird die astronomische Geschwindigkeit erreicht? Das Geheimnis liegt in der Wellenlänge. Je kürzer diese ausfällt, desto höher ist die Übertragungsrate. 4G-Wellen messen etwa 115 mm. 5G-Wellen rangieren zwischen 70 und 90 mm. Mit 6G werden Wellenlängen von 2,3 mm oder weniger erreicht! Die Frequenz bewegt sich im Bereich um 0,11 bis 0,17 Terraherz. Man spricht hier auch vom sog. D-Band, das als geeigneter Kandidat für 6G Mobilfunk gilt.

Wer jetzt schon aufgeregt nach 6G-fähigen Smartphones googelt, sollte bedenken: Ob und wann diese Geschwindigkeit tatsächlich erreicht wird, ist unklar. Es handelt sich um einen Spitzenwert, der vom australischen Professor Dr. Mahyar Shirvanimoghaddam ermittelt wurde. Oder anders gesagt: Theoretisch könnte 6G so schnell sein. Wie die Praxis aussehen wird, wissen wir noch nicht.

Weitere Vorteile von 6G

6G ist nicht nur unverschämt schnell. Der Mobilfunk-Standard soll auch weitere Vorteile bringen:

Geringe Latenz

Eine hohe Latenz sorgt dafür, dass Daten mit Verzögerung beim Empfänger ankommen. Dies kennen Online-Spieler zur Genüge: Ist die Latenz zu hoch, kommt es zu sog. „Lags“. Die Spielfigur bewegt sich abgehakt durch die Spielwelt. Du verpasst entscheidende Sekunden der Action, weil die Antwort vom Server zu lange auf sich warten lässt. Auch Anwendungen wie Online-Telefonie und Livestreams leiden darunter.

6G verspricht Abhilfe. Die Latenz beträgt gerade einmal 100 Mikrosekunden – also 10-mal weniger als in 5G-Netzen. Damit dürften Ruckler und Verbindungsabbrüche der Vergangenheit angehören.

Mehr unterstützte Geräte

Sind viele Geräte gleichzeitig verbunden, kommen 4G- und 5G-Netze an ihre Grenzen. Anders 6G. Dieser Standard soll 10-mal mehr Geräte gleichzeitig erlauben. Genauer gesagt liegt die sog. „Connection Density“ bei 107 Geräten pro Quadratkilometer. Das dürfte spätestens dann entscheidend werden, wenn selbstfahrende Autos (mit all ihren Sensoren) großflächig zum Einsatz kommen. Außerdem soll 6G eine stetig wachsende Zahl an Smart Home-Geräten unterstützen. Experten sprechen von 500 Milliarden Geräten bis zum Jahr 2030 – zehnmal mehr als heute!

Nachhaltigkeit

Die Ressourcen unserer Erde werden immer knapper. Es verwundert daher nicht, dass Nachhaltigkeit bei der Entwicklung von 6G im Vordergrund steht. Vor allem der Stromverbrauch soll reduziert werden – etwa mit neuartigen Materialien wie Graphen und Nanoröhren aus Kohlenstoff. Sendemasten könnten mit Solarzellen ausgestattet werden oder ihr „Abfallprodukt“ – abgestrahlte Hitze – in Strom umwandeln. Auch sog. Edge Computing ist im Gespräch. Dabei werden einzelne 6G-Komponenten bei Bedarf heruntergeregelt oder ganz abgeschaltet, um Energie zu sparen.

Blaue Linien auf schwarzen Grund, wie Glasfaserkabel.

6G – Anwendungsgebiete im Überblick

Wie schon erwähnt, ist 6G bis zu 50-mal schneller als 5G. Das wirft die Frage auf: „Wer braucht so viel Geschwindigkeit?“. Filme streamen, große Dateien downloaden oder mit den Liebsten in HD telefonieren – diese Dinge sind bereits mit 5G möglich. 6G geht jedoch weiter. Der Mobilfunkstandard soll die Technologien der Zukunft antreiben.

Industrie 4.0

Ein Merkmal der „vierten industriellen Revolution“ ist die Vernetzung von Maschinen und Computer-Systemen. So sammeln Sensoren Milliarden von Daten, um Betriebsprozesse zu überwachen und auszuwerten, Störungen zu vermeiden und den Energieverbrauch auf ein Minimum zu senken. 6G kann diese Daten noch schneller übertragen. Darum dürfte der neue Standard zuerst in der Industrie zum Einsatz kommen – lange bevor Privatkunden davon profitieren.

Autonomes Fahren

Selbstfahrende Autos sind die Zukunft. Doch damit die smarten Fahrzeuge rechtzeitig auf Hindernisse und schwierige Situationen reagieren können, müssen Daten im Bruchteil einer Sekunde verarbeitet werden. 5G reicht dafür nicht aus – vor allem, wenn hunderte oder gar tausende Autos gleichzeitig unterwegs sind. Im 6G-Netz könnten all diese Fahrzeuge miteinander kommunizieren, Daten austauschen und ihre Routen abstimmen. Das erhöht nicht nur die Sicherheit. Evtl. werden wir dank 6G nie mehr im Stau stecken!

Telemedizin

Ein weiteres spannendes Feld ist die Telemedizin. Mithilfe von 6G könnten Chirurgen aus der Ferne operieren. Alle Handgriffe werden an Roboter übertragen, die sie ohne Verzögerung umsetzen. Medizinische Sensoren könnten aufgrund des hohen Frequenzbereichs von 6G winzig ausfallen – so winzig, dass der Einsatz in Venen und Arterien denkbar ist. Anschließend zeichnen diese Mini-Sensoren die Vitalwerte des Patienten in Echtzeit auf. Gesundheitsprobleme sollen so noch früher erkannt werden.

Virtual Reality

Virtual Reality erlaubt das Erkunden lebensechter Umgebungen – ohne das eigene Wohnzimmer zu verlassen. Doch je realistischer die Erfahrung, desto höher die benötigten Datenmengen. Genau hier kommt 6G ins Spiel. Dieser Standard liefert genug Geschwindigkeit, um Inhalte in 8K oder gar 16K zu streamen. Dank der extrem niedrigen Latenz könnten auch „digitale Zwillinge“ bald Realität werden: Abbilder, die nicht nur wie ihr Nutzer aussehen, sondern dessen Bewegungen ohne Verzögerung umsetzen.

6G – Probleme und Herausforderungen

So aufregend die 6G-Vision klingt – aktuell haben Entwickler noch mit einigen Herausforderungen zu kämpfen.

Begrenzte Reichweite

Zwar sorgen die kurzen Wellenlängen von 6G für rasante Geschwindigkeiten. Doch es gibt eine Kehrseite: Je höher die Frequenz, desto geringer die Reichweite. Bereits 5G-Wellen werden früher von Hindernissen „geschluckt“ als 4G-Wellen. Als Lösung blieb bisher nur ein zentraler 4G-Mast, der sein Signal an zahlreiche kleine 5G-Masten sendet. Diese müssen in jeder Straße platziert werden.

6G besitzt zehnmal kürzere Funkwellen. Ihre maximale Reichweite – getestet vom Fraunhofer Institut – beträgt aktuell 320 m. Um ein flächendeckendes 6G-Netz bereitzustellen, wären daher viele Sendemasten nötig. Die Frage nach dem „wohin?“ stellt sich. Evtl. müssten nicht nur Straßen, sondern alle Gebäude oder gar Räume mit einem Transmitter ausgestattet werden. Das mag in der Großstadt funktionieren – auf dem flachen Land jedoch nicht.

Zum Glück tüfteln Forscher bereits daran, die Reichweite von 6G zu erhöhen:

  • Eine Möglichkeit stellen sog. Beamforming-Antennen dar. Diese übertragen Funkwellen nicht kreis-, sondern kegelförmig. Das Ergebnis ist eine höhere Signalstärke.
  • Anders als bisher sollen 6G-Geräte Funkwellen nicht nur empfangen, sondern auch selbst aussenden.
  • Großes Potenzial sehen Forscher in Reconfigurable Intelligent Surfaces (RIS) – also Oberflächen, die elektromagnetische Signale verstärken, statt sie zu absorbieren.
  • Für die Abdeckung in ländlichen Regionen kommen nicht-terrestrische Netze infrage. Darunter fallen Satelliten ebenso wie Drohnen und Ballons in großer Höhe.
  • Auch künstliche Intelligenz spielt eine Rolle bei der 6G-Entwicklung. In Zukunft könnten alle Geräte in einem Netzwerk miteinander kommunizieren und ihren Datenverbrauch automatisch abstimmen.

Hohe Kosten

Unsere aktuelle Infrastruktur reicht für die Implementierung von 6G nicht aus. Neue Netzwerke, Basisstationen und Antennen müssen installiert werden. Dazu kommen Kosten für die Wartung der hoch-komplexen Systeme – sowie die Ausbildung von Experten, die diese Systeme instandhalten. Insgesamt dürfte der 6G-Ausbau Milliarden verschlingen. Wohlhabende Länder wie China, Deutschland und die USA sind im Vorteil. Unter Umständen vergrößert sich die technologische und wirtschaftliche Kluft zu Entwicklungsländern durch 6G noch.

Energieverbrauch

Zwar wird 6G als nachhaltige Alternative zu 5G beworben. Doch um ein flächendeckendes Netz bereitzustellen, sind noch mehr Basisstationen nötig. Sie alle müssen mit Strom versorgt werden, was die Umwelt-Bilanz trübt. Experten rechnen mit einem 4- bis 5-mal höheren Energieverbrauch im Vergleich zu 5G.

Sicherheit

Cyber-Security Experten warnen: Durch die immer stärkere Vernetzung von 6G-Geräten dürfte die Gefahr von Hackerangriffen weiter zunehmen. Neue Methoden der Verschlüsselung und globale Sicherheits-Standards sind nötig, um dieser Gefahr Herr zu werden.

Ein Bild mit einem Achtungsschild abgebildet, welches in einem digitalen Stil gehalten ist, Blau auf schwarzem Grund.

Gesundheitliche Bedenken

Bereits bei der Einführung von 5G befürchteten viele Menschen eine Gefahr für ihre Gesundheit. Zwar sind sich Wissenschaftler heute einig, dass 5G-Wellen kein Risiko darstellen. Doch diese Bedenken dürften mit 6G neuen Aufschwung bekommen – vor allem, da zum ersten Mal Frequenzen im Terraherz-Spektrum verwendet werden.

Wer arbeitet an 6G?

6G ist weit davon entfernt, eine fertige, ausgereifte Technologie zu sein. Noch handelt es sich um eine Sammlung an Konzepten, Ideen und Machbarkeitsstudien. Dahinter stecken verschiedene Akteure.

So hat die chinesische Regierung 2019 eine eigene 6G-Arbeitsgrupe ins Leben gerufen – kein Wunder. Das Land war bereits beim 5G-Ausbau ganz vorne mit dabei.

2020 wurde die Next G Alliance, bestehend aus AT&T, Verizon und anderen amerikanischen Providern, gegründet, um Nordamerika zum Vorreiter in Sachen 6G zu machen.

Aber auch Deutschland schläft nicht. Bereits 2021 stellte die Bundesregierung über 500 Millionen Euro an Forschungsgeldern bereit. Am Fraunhofer-Institut arbeiten Wissenschaftler daran, Signale in hohen Frequenzbereichen zu senden.

Dazu kommt das 2021 eingerichtete Projekt Hexa-X. Mitglieder sind u. a. Nokia, Ericsson, Intel und Siemens, die gemeinsam neue 6G-Technologien entwickeln. Gefördert wird das Projekt von der EU.

Wann kommt 6G?

Wer die Möglichkeiten von 6G erleben möchte, muss sich gedulden. Aktuell steckt diese Mobilfunk-Generation noch in den Kinderschuhen. Das liegt vor allem an der neuartigen Funktechnik. Nie zuvor wurden Mobilfunk Frequenzen im Terraherz-Bereich verwendet. Sender, Verstärker und Empfänger müssen erforscht, getestet und als Prototypen hergestellt werden. Dieser Prozess dürfte mindestens bis Ende der 2020er-Jahre andauern.

Anschließend geht es an die Festlegung internationaler Normen. Nur so kann sichergestellt werden, dass der 6G-Standard länderübergreifend funktioniert. Besonders wichtig: Alle Länder müssen sich auf einen Frequenzbereich einigen. Aktuell gelten 100 GHz bis 3 THz als geeignete Kandidaten, da diese nur wenig genutzt werden.

Erstmals eingesetzt wird 6G dann vermutlich in Forschungszentren oder Industrieparks – also abgegrenzten Umgebungen. Danach könnten Tests in Großstädten wie Berlin, Frankfurt oder Hamburg folgen. Diese Städte waren bereits bei der 5G-Implementierung führend.

Schritt für Schritt folgt dann die kommerzielle Einführung in allen Teilen der Welt. Wann die ersten 6G-Tarife verfügbar sind, ist aktuell noch schwer vorherzusagen. Manche Akteure peilen die zweite Hälfte der 2030er-Jahre an – andere sind optimistischer. So plant Korea den flächenmäßigen Einsatz von 6G bereits zum Jahr 2028.

Natürlich spielen auch Hersteller eine Rolle. Sie müssen ihre Smartphones, Tablets und Co. mit 6G-fähigen Modems ausstatten. Ein erster Prototyp wurde bereits 2020 entwickelt. Zwar unterstützt dieser Chip mit 11 Gbit/s noch nicht ganz 6G-Geschwindigkeit. Er ist jedoch weitaus schneller als alle bisherigen 5G-Chips.

Apropos 5G: Natürlich wird dieser Standard im Zuge der 6G-Entwicklung nicht passé. Aktuell beträgt die Abdeckung in Deutschland 92 %. Bis 2025 sollen es 99 % sein, sodass auch Nutzer in ländlichen Regionen profitieren. Außerdem arbeiten Entwickler bereits an 5G Advanced: einer Version, die noch mehr Geschwindigkeit und Energie-Effizienz bietet. Der Übergang zu 5G Advanced könnte schon 2025 erfolgen.

6G vs 5G – Fazit

6G Internet wird kommen – so viel ist sicher. Nur mit der Geschwindigkeit und Abdeckung dieses Standards lassen sich Zukunftsvisionen wie autonomes Fahren, Smart Cities und „echte“ Virtual Reality umsetzen. Allerdings bleiben offene Fragen: Wie steht es beispielsweise um die Nachhaltigkeit, wenn immer feinmaschigere, energieintensive 6G-Netze zum Einsatz kommen? Kann die Reichweite das Niveau von 5G oder gar 4G erreichen – und wann wird 6G für Privatpersonen verfügbar sein? Wir halten Dich auf dem Laufenden, sobald sich neue Entwicklungen abzeichnen.