Künstliche Intelligenz ist auf dem Vormarsch, und in den letzten Wochen gab es dafür kaum bessere Beispiele als ChatGPT und Lensa: Beide Apps konnten bereits Millionen von Nutzern gewinnen. Während ChatGPT Fragen beantworten, Essays schreiben und sogar programmieren kann, verwandelt Lensa Selfies in ausdrucksstarke Kunstwerke.
So hilfreich und vielseitig beide Apps jedoch sind – sie müssen sich auch eine Menge Kritik gefallen lassen. Von mangelndem Datenschutz, Urheberrechtsverletzungen und Potenzial für illegale Machenschaften ist die Rede. Doch sind diese Einwände berechtigt, oder handelt es sich dabei nur um die Unkenrufe von KI-Gegnern? Wir verraten es Dir im folgenden Artikel.
ChatGPT
ChatGPT ist ein Chatbot, der von OpenAI entwickelt wurde und seit November 2022 kostenlos zur Verfügung steht. Das Prinzip dahinter ist beileibe nicht neu: Wie bei Vorgänger-Chatbots tippen Nutzer ihre Fragen in ein Chatfenster ein, woraufhin die KI das Internet nach passenden Antworten durchforstet.
Wenn es um die Leistungsfähigkeit geht, stellt ChatGPT jedoch eine Revolution dar: Nicht nur werden hunderte GB von Daten analysiert, um Fragen präziser zu beantworten als je zuvor. Dank Sprachtraining mit echten Textdokumenten liest sich der Output auch so, als wäre er von einer realen Person verfasst worden – und das in Sekundenschnelle.
Dazu kommt eine Intelligenz, die weit über simple Frage-Antwort-Routinen hinausgeht. Schon jetzt nutzen viele Programmierer ChatGPT, um ihren Code auf Fehler zu überprüfen. Mathematik-Aufgaben sind für die KI kein Problem, und sogar Essays spuckt sie mit der geforderten Wortzahl aus.
Trotz der vielen Möglichkeiten, die ChatGPT bietet, gibt es auch Kritik an der „Super-KI“:
„Schummeln“ leicht gemacht
Schüler und Studenten erhalten mit ChatGPT ein leistungsstarkes Tool, das ihnen beim Lernen und Verstehen von Inhalten helfen kann – vielleicht zu leistungsstark? Nehmen wir das Beispiel der guten alten Mathe-Textaufgabe: Dank ChatGPT genügt es nun, diese in das Chatfenster einzutippen. Die KI ermittelt dann automatisch das richtige Ergebnis und erklärt, wie dieses Ergebnis zustande gekommen ist. So wird das Schummeln bei den Hausaufgaben einfacher denn je und der Lerneffekt tendiert gegen Null. Auch Universitäten schlagen Alarm: Da ChatGPTs Antworten in Echtzeit erfolgen, sind Betrügereien bei Online-Prüfungen Tür und Tor geöffnet.
Falsche Antworten
ChatGPT ist unglaublich leistungsstark – aber eben nicht perfekt. Bereits auf der Startseite räumen die Entwickler ein, dass das Programm Fehler macht und beizeiten inkorrekte Antworten ausspuckt. Dies liegt in seiner Natur, denn: ChatGPT nutzt zwar zahlreiche Internetquellen zur Beantwortung von Fragen, kann diese jedoch nicht auf Richtigkeit prüfen. Anders als bei der klassischen Google-Suche erfahren Nutzer nicht, aus welchen Quellen ChatGPT seine Informationen bezieht oder wie glaubwürdig diese Quellen sind. Besonders bei komplexen Themen sollten User dem Programm daher nie blind vertrauen.
Gezielte Desinformation
Als KI-Bot verfolgt ChatGPT selbstverständlich keine politischen Absichten, sondern versucht, Informationen objektiv wiederzugeben. Dennoch fürchten Experten, dass die KI zur Verbreitung von Fake News und Propaganda verwendet werden könnte. Möglich macht es eine Option, Texte aus der Sicht einer bestimmten Person schreiben zu lassen – etwa Verschwörungstheoretiker, Impfgegner oder Ultra-Nationalisten. Diese Texte könnten dann blitzschnell auf Twitter und anderen Plattformen verbreitet werden. Ob ein Bot oder eine echte Person dahintersteckt, ist dank des exzellenten Schreibstils von ChatGPT nur noch schwer ersichtlich, und die rasante Geschwindigkeit erlaubt es, Fake News schneller zu erstellen als je zuvor.
Illegale Inhalte
Nicht alle Suchanfragen im Internet sind harmlos. Darum blockt ChatGPT automatisch illegale oder ethisch verwerfliche Fragen – etwa „wie breche ich in ein Haus ein?“ oder „wie baut man einen Molotov-Cocktail?“. Mit ein wenig Tricksen ist es findigen Usern jedoch bereits gelungen, den Ethik-Filter zu umgehen, woraufhin ChatGPT die gewünschten Antworten lieferte.
Ein weiteres Problem stellen Plagiate dar – und zwar dann, wenn ChatGPT Texte aus Datenbanken eins zu eins übernimmt. Nutzer, die diese Texte veröffentlichen, könnten sich der Urheberrechtsverletzung schuldig machen. Es empfiehlt sich daher, diese vorher mit einem Plagiatsscanner zu überprüfen.
Entwertung menschlicher Arbeit
Wird künstliche Intelligenz Kreativ-Berufe überflüssig machen? Angesichts der enormen Leistungsfähigkeit von ChatGPT ist diese Frage nicht unberechtigt. Bereits jetzt schreibt die KI Artikel und Essays auf einem sprachlich hohen Niveau – und das viel schneller und günstiger als es ein echter Autor je könnte. Auch andere Jobs scheinen gefährdet: Man denke beispielsweise an Kundenberater im Online-Handel. Unter Umständen wissen wir bald nicht einmal mehr, ob wir mit einer echten Person oder einer KI sprechen – für viele eine gruselige Vorstellung.
Lensa
Lensa gibt es bereits seit 2018. Jedoch sorgte erst ein Update dafür, dass es die App im November 2022 bis an die Spitze des App-Stores schaffte.
Das Geheimnis dieses Erfolgs nennt sich „Magic Avatars“: ein Algorithmus, der anhand von Millionen Bildern gelernt hat, nahezu jeden Kunststil zu imitieren. Die Nutzung ist dabei denkbar einfach. Du musst lediglich 10–20 Selfies hochladen. Anschließend erstellt Lensa daraus Avatare, die dich von Deiner heroischen Seite zeigen: etwa als Fantasy-Wesen, Astronaut oder coolen Actionheld.
Die Ergebnisse sind kaum von echten Kunstwerken zu unterschieden – kein Wunder also, dass so viele Instagram-User ihr Profilbild bereits durch einen Avatar ersetzt haben. Jedoch stößt die App nicht überall auf Begeisterung. Sie muss sich auch folgende Kritikpunkte gefallen lassen:
Mangelnder Datenschutz
Keine Frage: Das Herumspielen mit der Lensa-App macht jede Menge Spaß. Bedenke jedoch: Sobald Du Deine Fotos hochgeladen hast, gehören die Rechte daran nicht mehr Dir. Stattdessen behält es sich die App vor, Bilder weiter zu verwenden und an Dritte zu verkaufen. Spinnt man dieses Szenario weiter, könnte es durchaus sein, dass Dein Foto irgendwann auf anderen Websites oder in Magazinen zu sehen ist – ohne, dass Du dem explizit zugestimmt hast.
Dazu kommt: Theoretisch musst Du Dein Foto nicht einmal selbst hochladen. Lensa hat keine Möglichkeit, zu erkennen, ob das Machwerk dich oder jemand anderen darstellt. Wer beispielsweise andere Personen in „sexy Avatare“ verwandeln möchte, kann das mit der App problemlos tun. Dies führt uns zum nächsten Kritikpunkt:
Sexualisierte Inhalte
Viele weibliche Nutzer staunen nicht schlecht, wenn sie ihre Selfies zum ersten Mal mit Lensa bearbeiten: Ohne ersichtlichen Grund erstellt die App leicht bekleidete Avatare in freizügigen Posen – obwohl sich die Originalbilder völlig harmlos präsentieren. „Nicht unsere Schuld“, lautet in etwa die Rechtfertigung der Lensa-Entwickler Prisma Labs. Schließlich wurde die App anhand einer riesigen Auswahl von Kunstwerken trainiert, und viele dieser Kunstwerke stellen Frauen sexualisiert dar. Ist Lensa also nur ein Spiegel unserer Gesellschaft? Selbst wenn ja, stellt sich die Frage, was mit den sexy Avataren nach dem Erstellen passiert. Die bereits erwähnten Datenschutzbedenken erhalten so noch mehr Futter. Immerhin verspricht Prisma Labs, in diesem Punkt nachzubessern.
Urheberrechtsverletzungen
Viele Künstler fühlen sich durch Apps wie Lensa in ihrer Existenz bedroht – und das ist nicht verwunderlich: Gemälde, für die einst viel Zeit, Geduld und Können nötig war, lassen sich heute per KI in wenigen Minuten erstellen. Daneben gibt es einen weiteren Grund, warum Lensa Kreativ-Jobbern sauer aufstößt. Die App durchforstet bei der Bildersuche nämlich Datenbanken, in denen sich urheberrechtlich geschützte Inhalte befinden – etwa Tumblr, Deviantart oder Pinterest – und verwendet diese. Teilweise sind sogar noch Original-Signaturen auf Lensas zusammengewürfelten Kreationen zu sehen.
Wer in der EU lebt, kann seine Bilder laut Datenschutz-Grundverordnung aus der Datenbank entfernen lassen. In anderen Ländern besteht diese Möglichkeit nicht – und so haben Künstler nur die Wahl, ihre Werke komplett offline zu nehmen oder mit dem digitalen Diebstahl zu leben.
Das Kostenmodell
Anders als viele Spitzenreiter im App-Store ist Lensa nicht kostenlos. Stattdessen benötigst Du ein Abo, um die Software inklusive Magic Avatars nutzen zu können. Dieses Abo kostet zwischen 30 und 100 Euro im Jahr – je nachdem, ob gerade eine Rabattaktion läuft. Zwar besteht die Möglichkeit eines einwöchigen Probeabos. Wenn Du dieses jedoch nicht rechtzeitig kündigst, wird der Betrag automatisch von Deiner Kreditkarte abgebucht.
Dazu kommen die Kosten für die eigentlichen Avatare. Den „digitalen Pinsel“ schwingt die App nämlich erst dann, wenn Du eines von mehreren Paketen gekauft hast (beispielsweise 50 Avatare für 3,49 Euro). Und was ist, wenn Dir die Kreationen nicht gefallen? Dann hast Du leider Pech gehabt, denn bezahlt wird vor der Erstellung.