Physische Büros scheinen ein Auslaufmodell zu sein – zumindest, wenn es nach den Machern von „Gather“ geht. Diese Software ermöglicht es Remote Teams, auf natürliche Art und Weise zusammenzuarbeiten. Dafür musst Du noch nicht einmal das Haus verlassen. Stattdessen läufst Du als Avatar durch eine virtuelle Umgebung, führst Small Talk mit Kollegen, besuchst Meetings oder entspannst Dich zwischendurch mit Mini-Spielen. Doch wie funktioniert Gather genau? Und kann die Software wirklich „echte“ Interaktion vor Ort ersetzen? Wir verraten es Dir in unserer Übersicht.
Warum Gather?
Remote Teams haben viele Vorteile. Unternehmen können sich große Büroräume und die damit anfallenden Kosten für Miete, Strom und Heizung sparen. Mitarbeiter wiederum haben die Möglichkeit, von zuhause zu arbeiten. Nerviges, zeitaufwändiges Pendeln entfällt.
Auf der anderen Seite stehen Herausforderungen: Das Arbeiten in Remote Teams erfordert ein hohes Maß an Organisation. Dinge „mal nebenbei“ im Büro zu besprechen, ist nicht möglich. Damit also jeder weiß, was zu tun ist, müssen regelmäßig Besprechungen angesetzt werden. Genau dafür gibt es Video-Konferenzen wie Zoom oder Microsoft Teams. Doch Hand aufs Herz: Seine Kollegen auf einem kleinen PC-Fenster zu sehen, kann kaum den Face to Face-Kontakt ersetzen. Viele Mitarbeiter vermissen den informellen Austausch – sei es beim Kaffeekochen im Büro oder auf gemeinsamen Betriebsfeiern.
Hier verspricht Gather Abhilfe. Diese 2020 veröffentlichte Software will die Kommunikation in Remote Teams authentischer machen. Die Zielgruppe reicht dabei von Startups über große Unternehmen bis zu Bildungseinrichtungen.
So funktioniert Gather
Bereits auf den ersten Blick wird klar: Gather unterscheidet sich deutlich von Apps wie Zoom oder Microsoft Teams. Während die Teilnehmer dort nur in Videofenstern zu sehen sind, laufen sie in Gather durch eine virtuelle Welt. Wer jetzt an Computerspiele denkt, hat Recht. Der Gamify-Aspekt ist ein integraler Bestandteil von Gather – und alles beginnt mit der Erstellung des eigenen Avatars.
Avatar erstellen
Dein Avatar ist die Figur, mit der Du die Welt von Gather betrittst. Er kann nach eigenen Wünschen gestaltet werden: etwa mit verschiedenen Kleidungsstücken, Brillen, Hüten und Accessoires. Wenn Du fertig bist, gibst Du Deinem Avatar einen Namen. Nun musst Du Gather noch den Zugriff auf Kamera und Mikrofon erlauben – schon kann es losgehen.
Bewegung und Kommunikation
Auch die Bewegung in Gather funktioniert wie in Computerspielen: Mit Tastatur oder Mouse bewegst Du Dich über eine virtuelle 2D-Karte, die vorher vom Host erstellt wurde. Wenn Du nun einen anderen Avatar triffst, kannst Du Dich unterhalten. Gather blendet dafür die Kamera Deines Gesprächspartners ein. Der Clou: Wie im echten Leben wird die andere Person leiser oder lauter, je weiter Du von ihr entfernt bist.
Natürlich musst Du nicht die ganze Umgebung absuchen. Wer mit einem bestimmten Teilnehmer sprechen möchte, nutzt einfach die „Ring“-Funktion. Dein Gesprächspartner erhält dann eine Benachrichtigung.
Neben der Lobby gibt es sog. Private Spaces: z. B. virtuelle Konferenzräume oder Sitzbereiche. Alle dort anwesenden Avatare können sich hören und sehen, sodass Gather zu einer Meeting-App á la Zoom oder Skype wird.
Wenn Du dagegen einen Vortrag halten willst – z. B. als Veranstalter – gehst Du auf ein sog. Spotlight. Dann wirst Du von allen Teilnehmern im Raum gehört. Das Publikum wiederum kann mit einem Druck der F-Taste applaudieren. Ein nettes Gimmick: Je mehr Personen das tun, desto lauter wird der Beifall.
Interaktive Elemente
Gather-Karten dienen nicht nur als Kulisse, um sich mit anderen Avataren zu unterhalten. Dort können auch interaktive Elemente platziert werden: z. B. Fernseher und Monitore, die Dich zu einem Video weiterleiten. Auf Pinnwänden lassen sich Zeitpläne oder Links zu Dokumenten und Websites anzeigen. Oder möchtest Du Zeit totschlagen, bevor das Meeting losgeht? Kein Problem. Tetris, Poker, Kreuzworträtsel und andere Spiele lassen sich direkt in Gather einbinden, sodass Avatare solo oder miteinander spielen können.
Karten gestalten
Bis jetzt haben wir nur über die passive Seite von Gather gesprochen. Doch natürlich müssen die virtuellen Welten erst einmal erstellt werden. Wer es sich einfach machen will, wählt eine vorgefertigte Umgebung: Die Auswahl reicht von Büros und Klassenzimmern bis zum Biergarten im Grünen. Dabei bietet Gather für nahezu jede Team-Größe und Anforderung die richtige Vorlage.
Theoretisch könnte die Arbeit damit erledigt sein. Deine Karte ist bereit, Avatare zu empfangen und Meetings abzuhalten. Doch Gather bietet noch mehr Möglichkeiten. Wer möchte, verändert die Vorlage nach eigenen Wünschen – z. B. mit zusätzlichen Möbeln, Kunstwerken oder interaktiven Inhalten. Noch einen Schritt weiter geht der Map Maker. Dort kannst Du Karten von Grund auf erstellen und nahezu jede Umgebung nachbauen. Die Bedienung geht dank Drag & Drop denkbar einfach und sogar eigene Bilder wie Firmenlogos lassen sich hinzufügen.
Gather – Voraussetzungen und Kosten
Um Gather zu nutzen, ist keine Software nötig. Das Programm läuft komplett im Browser und lässt sich über die Website https://www.gather.town/ aufrufen. Du musst Dich lediglich einloggen. Das funktioniert mit einem eigenen Gather-Zugang oder dem Google Account.
Auch Hardware-technisch gibt es keine Einschränkung. Dank der simplen 2D-Grafik kommen selbst schwache PCs mit Gather zurecht. Lediglich an der Umsetzung für Smartphones hapert es aktuell noch. Zwar gibt es eine Mobile Version. In dieser kannst Du jedoch nicht herumlaufen, sondern lediglich Meetings beitreten. Gather ist für Teams bis zu 10 Personen kostenlos. Wer größere Events hosten möchte, wählt die Premium-Version. Diese kostet monatlich 7 USD/Person und erlaubt bis zu 500 Teilnehmer gleichzeitig.
Vor- und Nachteile von Gather
Nicht mehr als eine Spielerei?
Größter Vorteil von Gather ist sicherlich der „Aha-Effekt“: Wer schon hunderte Zoom-Meetings besucht hat, freut sich über jede Abwechslung – und damit kann Gather dienen. Die Optik ist bunt und frisch, die Avatare süß, und interaktive Elemente wie Spiele und Filmchen halten Teilnehmer bei der Stange.
Doch schafft es Gather, das Flair einer echten Arbeitsumgebung nachzuahmen? Unsere Einschätzung: womöglich, aber erst nach einiger Zeit. Viele Mitarbeiter dürften etwas brauchen, bis sie sich an den kunterbunten Comic-Look gewöhnt haben. Dementsprechend liegt auch die Versuchung nahe, Gather als Spiel zu betrachten, statt als ernsthafte Plattform für Remote Teams. Chefs sollten hier am Anfang nicht zu viel erwarten.
Dabei ist das Potenzial von Gather durchaus beachtlich. Mit etwas Einarbeitung lassen sich Umgebungen erstellen, die einem echten Arbeitsplatz sehr nahekommen. So wirkt die Kommunikation wesentlich authentischer als mit Zoom, Skype und Konsorten. Manchen Mitarbeitern hilft schon die „Illusion“ einer gemeinsamen Umgebung, strukturiert an einem Projekt zu arbeiten. Auch teambildende Aktivitäten wie Spiele oder Gruppenarbeiten sind mit Gather kinderleicht möglich.
Sprachbarriere
Gather ist aktuell nur auf Englisch verfügbar. Für Teilnehmer sollte dies kein Problem sein, da sich die Steuerung von selbst erklärt und viele grafische Elemente vorhanden sind. Wer Karten gestalten – und nicht nur Vorlagen auswählen möchte, benötigt aber zumindest rudimentäre Englisch-Kenntnisse.
Datenschutz
Auch beim Datenschutz gibt es Bedenken. Zwar lassen sich die Meetings per Passwort schützen, sodass nur berechtigte Personen Zugriff haben. Die Gather-Server befinden sich jedoch hauptsächlich in den USA. Sie erfüllen nicht die Standards der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Bevor Unternehmen ein Gather-Meeting veranstalten, sollten sie sich also über die rechtlichen Risiken informieren – vor allem, wenn vertrauliche Informationen ausgetauscht werden.
Die Lösung: Meetingland
Für beide Probleme – Sprachbarriere und mangelnder Datenschutz – gibt es eine Lösung: Meetingland. Dieser offizielle Partner von Gather sitzt in Deutschland und bietet Support in der Muttersprache an. Aber das ist noch nicht alles: Firmen können Meetingland auch beauftragen, spezielle Räume oder Online-Events zu erstellen, die den hiesigen Datenschutz-Vorgaben entsprechen. Die Preise richten sich nach der Teilnehmerzahl und der Dauer des Events.