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Gibt es noch Telefonzellen?

Die jüngere Generation kennt sie kaum noch: Telefonzellen. Hier ging man unterwegs zum Telefonieren hin, bevor es Handys gab – oder wenn das Guthaben leer war. Der Platz war beengt, der Geruch nicht immer angenehm; doch Telefonzellen gehörten einfach zu unserem Stadtbild dazu. Mittlerweile stehen nur noch wenige dieser öffentlichen Telefone. Smartphones haben sie erfolgreich verdrängt. Trotzdem gibt es sie noch. In diesem Beitrag erfährst Du alles über Telefonzellen in Deutschland und anderen Ländern. Anschließend geht es um Alternativen. Wir zeigen Dir, wie Du die Vorzüge von Telefonzellen auch mit dem Smartphone genießen kannst.

Eine Frau schaut neben einer britischen Telefonzelle auf ihr Handy. Im Hintergrund ist der Big Ben zu sehen.

Telefonzellen – eine kurze Geschichte

Die Geschichte der Telefonzelle beginnt im Jahr 1878 – also 17 Jahre, nachdem das Telefon erfunden wurde. Dabei waren die ersten öffentlichen Telefone noch nicht in „Zellen“, sondern in Postämtern untergebracht. Die massiven gelben bzw. roten Kabinen kamen erst später.

Grund für den Erfolg der Telefonzelle war das begrenzte Netz. Jeder wollte telefonieren, doch nicht genug Leitungen standen bereit. Erst in den 70er-Jahren besaßen (fast) alle Haushalte einen eigenen Anschluss. Doch unterwegs blieb nur der Gang zur Telefonzelle in der Nähe. Dort lag das örtliche Telefonbuch. Man konnte nach der gewünschten Nummer suchen – wenn nicht irgendein Taugenichts die Seite herausgerissen hatte. „Fasse Dich kurz!“ lautete das Motto. Natürlich brauchte man Münzen. Die Telefonkarte wurde erst in den 1980er Jahren eingeführt.

Schritt für Schritt wandelte sich dann das Design: vom gelben „Klotz“ zur stylischen Glas-Zelle mit einem Hauch Magenta. Auch offene Zellen, die lediglich aus einer Säule bestanden, gab es. In den 1990er Jahren zierten ganze 160.000 Telefonzellen die Straßen, Hauptbahnhöfe und Flughäfen deutscher Städte.

Ein letztes großes Revival erlebte die Telefonzelle dann 2002 mit der Einführung des Euro. Vor allem Reisende nutzten sie, um ohne deutsche SIM-Karte zu telefonieren. Doch diese „Renaissance“ dauerte nicht lange. Handys wurden immer verbreiteter und Handytarife günstiger. Spätestens, als Smartphones den Markt eroberten, war der Niedergang der Telefonzelle besiegelt.

Gibt es noch Telefonzellen in Deutschland?

Es mag in Zeiten von Smartphones verwundern – doch 2022 gab es noch 12.000 funktionstüchtige Telefonzellen in Deutschland. Diese „Relikte“ werden nun Schritt für Schritt abgebaut.

Seit 2021 ist die Telekom nicht mehr verpflichtet, öffentliche Telefonzellen zu betreiben. „Gott sei Dank“, dürfte man sich in Bonn denken. Schon seit Jahren blieben die meisten Fernsprecher ungenutzt. Nur zwei Drittel von ihnen verzeichneten überhaupt noch Gespräche – und der Umsatz genügte nicht, um die Kosten für Strom, Wartung und Reparaturen zu decken. Telefonzellen bringen schlicht keinen Profit mehr. Ersatzteile für die öffentlichen Telefone werden rar, und auch für Kunden lohnen sich Telefonzellen kaum. Mit einem Handytarif telefoniert es sich wesentlich günstiger.

Die Münz-Zahlung wurde bereits 2022 abgeschafft. Auch Telefonkarten – einst als praktische Alternative zu Münzen angepriesen – sind passé. Sie können seit Ende 2023 nicht mehr genutzt werden. Wer ein solches Überbleibsel noch zuhause herumliegen hat, sollte es jedoch nicht wegwerfen. Nach wie vor sind Telefonkarten bei Sammlern beliebt. Mit etwas Glück (und dem richtigen Käufer) erzielst Du so ein hübsches Sümmchen.

Ganz aus unseren Städten verschwinden Telefonzellen übrigens nicht. Stattdessen werden viele von ihnen zu sog. Smart Cells umgebaut. Sie beherbergen dann statt Telefonen Antennen, um das Mobilfunknetz zu optimieren. Andere Zellen könnten als Bücher-Tauschstellen dienen – oder einfach nur als Andenken an eine einfachere Zeit ohne Smartphone. Auch die Geschäftswelt hat Telefonzellen neu entdeckt. In Großraumbüros bieten sie einen ungestörten, ruhigen Ort zum Telefonieren. Wolltest Du schon immer einmal eine Telefonzelle besitzen? Dann ist jetzt die Gelegenheit, zuzuschlagen. Die Telekom sammelt ihre alten Zellen in einem Wald in Brandenburg. Auch Privatpersonen dürfen sie kaufen. Kostenpunkt: etwa 500 Euro. Nur wer die ganz alten gelben Modelle sucht, hat Pech gehabt. Sie sind schon längst vergriffen.

Eine schwarze britische Telefonzelle ist zwischen Gebüsch zu sehen.

Wo gibt es noch Telefonzellen?

Nicht nur hierzulande sind Telefonzellen vom Aussterben bedroht. Auch in anderen Ländern sieht man die öffentlichen Telefone immer seltener:

Österreich

In Österreich stehen noch etwa 7.000 Telefonzellen – hauptsächlich an Bahnhöfen, Flughäfen und anderen belebten Orten. Auch hier ist die Telekom nicht mehr verpflichtet, sie zu betreiben. Ein massiver Abbau dürfte also in nächster Zeit erfolgen. Viele Zellen wurden bereits zweckentfremdet. Sie beherbergen nun Defibrillatoren, die im Notfall Leben retten können.

Schweiz

„Telefonkabine“ heißt die Telefonzelle bei unseren Nachbarn in der Schweiz – oder besser gesagt, hieß. 2019 wurden die letzten Kabinen ausgemustert. Der Grund: mangelnde Nachfrage. Wer noch eine Taxcard, also Schweizer Telefonkarte besitzt, kann sich den Betrag von Swisscom zurückholen.

Großbritannien

Die roten Telefonzellen mit Kuppeldach gehören zu Großbritannien wie der 5 Uhr-Tee und schlechtes Wetter. Doch auch „über dem Teich“ ist das Smartphone nicht aufzuhalten. Dementsprechend werden Telefonzellen schon seit Jahren abgeschaltet und zu Kunstobjekten, Büchereien oder Defibrilator-Stationen umfunktioniert. Gerade einmal 3.000 von ihnen waren 2023 noch aktiv. Immerhin stehen diese unter Denkmalschutz. Touristen können sie also auch in Zukunft bewundern.

USA

Obwohl Telefonzellen in den USA erfunden wurden, waren sie dort nie so verbreitet wie in Europa. Stattdessen setzte sich schnell die simple Telefon-Säule ohne Kabine durch. Von den einst 2 Millionen Zellen waren 2018 nur noch 100.000 übrig. Die meisten davon stehen in New York City – klar, denn schließlich braucht Superman einen ungestörten Ort, um sich umzuziehen! In anderen Städten wie Philadelphia haben Hilfsorganisationen die Telefone aufgekauft. Damit sollen einkommensschwache Menschen und Obdachlose kostenlos telefonieren können. 

Australien

Alle Länder schaffen ihre Telefonzellen ab. Alle Länder? Nicht ganz. In Australien spielen die Fernsprecher nach wie vor eine wichtige Rolle. Noch 2021 verzeichneten sie mehr als 11 Millionen Anrufe. Ein Jahr später fielen sogar die Gebühren weg. Das heißt, wer in Australien unterwegs ist, kann jede der 15.000 Telefonzellen kostenlos nutzen. Viele der öffentlichen Telefone dienen außerdem als WLAN-Hotspots.

Eine Telefonzelle von der Telekom die etwas heruntergekommen aussieht.

Alternativen zur Telefonzelle

Telefonzellen mögen heute antiquiert wirken. Doch sie hatten einen großen Vorteil: Zur Nutzung musste man lediglich eine Handvoll Münzen einwerfen oder seine Telefonkarte verwenden. Die Bindung an einen langfristigen Tarif war nicht nötig. Dementsprechend trauern vor allem Wenig-Telefonierer der Telefonzelle hinterher. Doch nicht verzagen! Heute gibt es Alternativen, mit denen Du die Vorteile von Telefonzellen nutzen kannst:

Prepaid-Karten

Prepaid-Karten sind ideal für alle, die sich nicht an einen Tarif binden wollen. Du kannst sie jederzeit aufladen und dann mit dem verfügbaren Guthaben telefonieren. So sparst Du Dir die monatliche Grundgebühr. Deine Telefonnummer bleibt aktiv – selbst, wenn Du die Prepaid-Karte länger nicht auflädst. Erst nach ein paar Monaten erhältst Du eine SMS von Deinem Provider. Dieser kann die Karte bei zu langer Inaktivität sperren.

Internet-Telefonie

An immer mehr Orten stehen WLAN-Hotspots zur Verfügung. Doch was viele nicht wissen: Du kannst per WLAN nicht nur surfen, sondern auch telefonieren. Android-Nutzer öffnen dafür die Einstellungen, wählen „Netzwerk & Internet“ und anschließend „Anrufe & SMS“. Dort findest Du einen Schieberegler für WLAN-Telefonie. Wer ein iPhone besitzt, aktiviert die Funktion im Menüpunkt „Telefon“.