Chip-Krise

Wann ist die globale Chip-Krise zuende?

Seit Jahren geistert ein Gespenst durch die Smartphone-Welt: der globale Chipmangel. Hauptsächlich durch die Corona-Krise ausgelöst, sorgte dieser Mangel dafür, dass vielfach nicht genügend Halbleiter für Handys zur Verfügung standen. Lieferengpässe und gestiegene Preise waren die Folge.

Doch wird die Verfügbarkeit im Jahr 2023 besser sein? Wie werden sich die Preise für Smartphones in diesem Jahr entwickeln, und wann ist die globale Chip-Krise eigentlich zu Ende? Anhand von Statistiken und Expertenmeinungen wagen wir einen vorsichtigen Ausblick.

Globale Chip-Krise – die Hintergründe

Die Chipkrise wurde vor allem durch die Corona-Pandemie ausgelöst – kein Wunder, mussten doch viele Hersteller ihre Produktion zurückfahren oder gar komplett einstellen. Gleichzeitig beeinflusste der Lockdown das Konsumverhalten der Menschen: Die Nachfrage nach elektronischen Geräten stieg an – und zwar so stark, dass die Lieferung von Bauteilen wie Chipsätzen ins Stocken geriet. Das betraf nicht nur Geräte wie Smartphones, Tablets und Computer. In einem heutigen PKW finden sich bis zu 1.500 Halbleiter, sodass auch die Automobilbranche unter dem Chipmangel litt und immer noch leidet. 

Chip herstellen

2022 – eine Kehrtwende?

Bereits zum Höhepunkt der Chip-Krise investierten Unternehmen wie Intel und Texas Instruments Milliarden in den Bau neuer Produktionsstandorte. Doch seitdem hat sich die Situation erneut verändert: Inzwischen bleiben viele Hersteller auf ihren Bauteilen sitzen. Woran liegt das?

Um den Grund herauszufinden, genügt ein Blick in die Supermarkt-Regale: Bereits seit Monaten befinden wir uns in einer globalen Rezession in Kombination mit hohen Inflationsraten. Da alles teurer wird, geben viele Menschen aktuell mehr Geld für die Grundsicherung aus – etwa Miete, Energie und Lebensmittel. Die Nachfrage nach „Luxusprodukten“ wie Smartphones oder Tablets sinkt.

Weniger Nachfrage bedeutet weniger Verkäufe, und damit wiederum scheint sich der Chipmangel in sein Gegenteil zu verkehren: Bereits vor Monaten verzeichneten Halbleiter-Hersteller ein Überangebot. Auch die Lieferzeiten sinken aktuell, und viele Chip-Hersteller mussten ihre Produktion zurückfahren sowie Personal entlassen.

2023 – ein schlechtes Jahr für Chip-Hersteller?

Angesichts der aktuellen Lage sieht der Ausblick für 2023 nicht rosig aus:

  • So geht die World Semiconductor Trade Statistics (WSTS) für 2023 von 4,1 % weniger Verkäufen aus. Das wäre ein stärkerer Rückgang als 2019 – dem Jahr, in dem Verkäufe zuletzt massiv einbrachen
  • Das Marktforschungsunternehmen IC Insights prognostiziert im Halbleiter-Segment sogar einen Verkaufsrückgang von 5 %.
  • Unlängst kündigten Chip-Hersteller wie Intel, AMD und Nvidia an, in den nächsten Monaten Personal zu entlassen und die Neueinstellungen zu begrenzen.
  • Micron – immerhin einer der größten Halbleiter-Hersteller der Welt – will seine Belegschaft 2023 um 10 % reduzieren.
  • Qualcomm, ein Chip-Zulieferer für High End Smartphones, korrigierte seine voraussichtlichen Verkaufszahlen bereits im November 2022 nach unten.

Eine Ausnahme stellt die Automobilbranche dar. Hier übersteigt die Nachfrage nach Chips weiterhin das Angebot – und dieser Zustand dürfte laut neusten Prognosen noch mindestens bis 2024 andauern.

Chips in Smartphones

Konsequenzen für Smartphone-Hersteller und Kunden

Das aktuelle Überangebot an Chips sowie die gesunkene Nachfrage haben für Smartphone-Kunden Vor- und Nachteile:

Auf der einen Seite ist davon auszugehen, dass die Lieferengpässe im Smartphone-Sektor erst einmal vorbei sind und Kunden nun nicht mehr lange auf ein neues Gerät warten müssen.

Wer jedoch hofft, Smartphones würden 2023 günstiger werden, dürfte enttäuscht sein:

Nicht nur Privatkunden, auch Unternehmen haben mit den Folgen der Inflation zu kämpfen und werden deshalb höchstwahrscheinlich ihre Preise anziehen.

  • So plant TSMC, der weltweit größte Chip-Hersteller, seine Preise 2023 um 6 % zu erhöhen – und dies dürfte sich auch auf die Kosten für Smartphones auswirken.
  • Leaks gehen davon aus, dass das iPhone 15 Ultra etwa 200 USD teurer ausfallen wird als sein Vorgänger.
  • Auch die Kosten für das neue Samsung Galaxy S23 werden Gerüchten zufolge ansteigen.

Am stärksten werden laut Experten High End-Smartphones ab 1.000 Euro betroffen sein. Das liegt vor allem an den Kosten für neuartige 3 nm-Chips, die eine noch schnellere Rechenleistung ermöglichen.

Ob der Preisanstieg sich auch auf Mittelklasse-Handys auswirkt, ist aktuell jedoch schwer abzusehen: Einerseits benötigen diese weniger ausgeklügelte – und damit teure – Chips. Andererseits könnten Hersteller die Preise ihrer Mittelklasse-Smartphones anheben, um Kunden zum Kauf eines höherpreisigen Modells zu animieren.

Chip-Krise

Wird die Chip-Krise nach 2023 enden?

Auch, wenn diese Frage aktuell niemand beantworten kann, zeigen sich viele Experten vorsichtig optimistisch:

  • So prognostiziert IC Insights nach einem eher schwachen Jahr 2023 einen Aufschwung der Chip-Industrie. Bis 2026 werden jährliche Wachstumsraten von 6,5 % genannt.
  • Nach Einschätzung der Analysefirma Hurricane Capital dürften sich die Chip-Verkäufe bis 2030 verdoppeln und global die 1 Billionen-Marke übersteigen.
  • Analysten von McKinsey sehen jährliche Wachstumsraten von 6 bis 8 % als wahrscheinlich an – und nennen vor allem die Automobilindustrie als Motor dieses Wachstums.

Auch im Smartphone-Sektor besteht Hoffnung auf Besserung:

Glaubt man der International Data Corporation (IDC), wird sich der Markt bereits Mitte 2023 erholen und in der zweiten Jahreshälfte erneut wachsen. Eine große Bedeutung kommt dabei faltbaren Smartphones zu – sowie 5G-Smartphones, die bis 2026 ganze 80 % der neuen Geräte stellen sollen.  Potential sehen Experten außerdem in den Schwellenländern Asiens und Lateinamerikas. Viele dieser Länder treiben die Digitalisierung massiv voran, was sich auch in vermehrten Smartphone-Käufen zeigen dürfte.